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Die Kritik zum 40 Band von Asterix mit dem Titel "Die weiße Iris" wurde von Zukunftia veröffentlicht


Table of Contents

    Im neuesten Band der Endlos-Saga über aufmüpfige Trank-Tankstellen sieht sich die Dorfgemeinschaft einem wahrlich unbeugsamen Feind gegenüber: Einem achtsamen Lebensgefühl, gesundem Essen („Frische Fische essen? Ist das nicht schädlich?“) und Höflichkeit statt Raufereien. Entledigen sich die Dörfler nun ihres Widerstands und lassen nur noch müffelnden Fetakäse statt barfüßige Römer zurück? Wir werden es sehen, denn wie sagt der Volksmund: „Das Wildschwein stört es nicht, wenn sich die Gabel dran schubbert.“


    , „Asterix“ – Band 40: „Die weiße Iris“ – Kritik

    Stammt die weiße Blume, die ein Symbol für Weisheit und Wissen ist, wirklich aus ökologisch unbedenklichen Raubbau? Der neue Gegenspieler Visusversus lässt lieber noch mal seine zarten Finger (und seine Aura) drüber streichen.

    Sind wir ehrlich: Von den neuen Asterixen hatte man sich nur noch dann was versprochen, wenn man bereits jedes Lustige Taschenbuch hymnisch feiern wollte. („Donald ist da Ski gefahren – und hatte ein schief gezeichnetes Gesicht. Kuuult!“) Ja, die letzten drei Gallier-Bände waren maximal mittelmäßig (= „Der Greif“), größtenteils aber eine Aneinanderreihung von Slapstick und unsympathischen Figuren („Asteric in Italien“, „Die Tochter des Vercingetorix“).

    Das Futter für’s Langzeitgedächtnis beschränkte sich oft auf einen trockenen Mistelzweig und einen halben Tropfen Zaubertrank. – Irgendwie nichts Halbnix und nichts Ganznix.

    Dass man daher den Autoren – bei gleichbleibendem Zeichner – gegen einen anderen ausgetauscht hat, kann ich verstehen und begrüßen!

    Und holla, ist der Neue jetzt ein TEXTER!

    Fabrice Fabcaro heißt er.
    Und wenn seine Leistung so weiter geht, schicke ich ihm bald rote Rosen zum Namenstag.

    , „Asterix“ – Band 40: „Die weiße Iris“ – Kritik

    Widersprüche ziehen sich an … den Haaren: Hier streiten sich zwei Herren über die achtsamsten Bioprodukte und Wohlfühlsprüche. Nach dem Band „Papyrus des Cäsar“ musste ich hier feststellen, dass dies die bessere Twitter/Facebook-Kritik ist. Um keulenhafte Kommunikation zu kritisieren, braucht man eben keine antiken Dosentelefone oder Gags um Kanarienvögel namens Zwitscherix.

    Gefühlt haben die Dialoge um 50% zugenommen, die Gagdichte sogar locker um 200 bis 300%. Teilweise habe ich mich sogar dabei ertappt, dass ich geschaut habe, wo die nächste „Actionsequenz“ beginnt. Eben weil mir die vielen Pingpong-Dialoge aus dem Worldbuilding-Diorama fast schon zu viel waren.

    Man ist so viel vergrößerte Packungsmenge – zum selben Preis – im Supermarkt gar nicht mehr gewöhnt?!

    („Minchen hat die ganze Nacht graviert. Ich dachte, sie macht die Einkaufsliste.“ – „Ist der Text überhaupt von ihr?“ – „Na klar, ich kenne doch ihre Gravurklaue.“)

    Alle zwei Bildchen gibt es einen kleinen Seitenhieb auf Gott und die Welt, ein erneut aufgegriffenes Erzähl-Element, einen Insider oder eine Anspielung auf moderne Problemchen. Zum Beispiel auf Bahnreisen („Wir verspäten uns aufgrund eines vorausfahrenden Eselskarrens“) oder auf überhebliche Großstädter, die im Biergarten darüber schwadronieren, wie toll es doch die Landbevölkerung hat. Bevor man eine Kunstausstellung mit Bildern von weißem Marmor besucht („Sehr aussagekräftig“)…

    Erstmals seit JAHREN habe ich auch auf alle Randscherze geachtet. Seien es die demonstrierenden Arbeiter, die „Ungleichheit mit den Sklaven“ fordern oder die unvermeidlichen Gags um E-Roller in Paris… äh… Lutetia. Hier hat jemand mal wirklich den Homer… äh… Humor der uralten Bände studiert! Klar, nicht alles ist Premium-Prustfutter und zum Totlachen, aber die höhere Schlagzahl und die etwas intimeren Momente (= im Luxus-Restaurant) tun dem Ganzen gut.

    Da wäre selbst Uderzo im Jahre 2010 stolz gewesen. Äh, wenn er da noch gewusst hätte, wie man Humor buchstabiert.

    , „Asterix“ – Band 40: „Die weiße Iris“ – Kritik

    Tausche Motivationsseminar gegen 0,001 Rentenpunkte: Erst sind die Römer vom neuen Guru abgeschreckt. Doch später sind sie begeistert von dessen gewinnversprechenden Sprüchlein. Wie sagt man so schön unter pensionierten Deutschlehrerinnen: „Es ist nicht wichtig, was du im Leben anhäufst, solange du einen gutverdienenden Mann bei Siemens hast.“

    Ja, da fühlte ich mich als Leser glatt wieder 12 Jahre alt – wo man sich noch tierisch über jeden neuen Band in der Stadtbibliothek gefreut hat, ohne das Tolle in Worte fassen zu können. („Die hauen sich halt. Und Obelix ist nicht dick!“)

    Zwar tritt die Story um den wahlwoken Weltverbesserer immer wieder mal auf der Stelle, aber das fällt selten auf. Wie sagt man doch so schön? „Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer – aber die Federn glänzen so schön.“

    Zugegeben, die Text- und Spruchlandschaften der Figuren nerven zwar – ob ihrer Vielzahl – gelegentlich. Andererseits wirkt es niedlich, wie alle freimütig die Sprachkultur verändern, nur weil da jemand ein neues Gesellschaftsbild zwischen die stinkenden Fische packt. Plötzlich sind alle nett zueinander, weil man das halt so macht – und man es irgendwie mit der feinen Gesellschaft verknüpft.

    Dass man dankenswerterweise auf GANZ plumpe Anspielungen verzichtet (z.B. Greta Thunberg, die sich an einen Hinkelstein klebt), rechne ich dem Autoren hoch an. Fabcaro erwähnte ja selber, dass er seinen Ideenreichtum sogar etwas zügeln musste.

    Etwas, was sich Uderzo bei seiner UFO-Episode („Gallien in Gefahr“) tatsächlich nicht vorwerfen brauchte…

    , „Asterix“ – Band 40: „Die weiße Iris“ – Kritik

    Asterix-Kenner wissen es: Bereits früher besuchten die Gallier ein Kolosseum oder ein Theater – was durch die Meta-Meta-Ebenen IMMER witzig ist. Vorschlag für Band 41: „Asterix und der Wanderzirkus“. Mit Personen, die sich ALLE in Cäsar verkleiden und mittels Zaubertrank auf die Birne hauen. Als Kommentar auf das Superhelden-Gedöns.

    Die Wortspiele sind jetzt auch nicht mehr sooo plump, sondern leben von harmlosen Wiederholungen, Versprechern und Nachfragen („Hä? Was für Luft will Gutemine atmen?“).

    Und nur für’s Protokoll im Boomer-Stadtarchiv:

    Die Bände „Der Seher“, „Streit um Asterix“ und „Obelix GmbH & Co.“ mochte ich besonders, weil da eine externe Lebensweise vorbeischneite und das Weltbild des dörflichen Mikrokosmos auf die Probe stellte. In diesem Album kommt das ebenfalls zum Tragen. Wobei… allzu viele Parallelen mit der aktuellen Wokeness sollte man dann auch nicht ziehen. Um Geschlechtervielfalt, Rassismus und Sprachverhunzung geht es weniger, wohl aber um Vegetarier, den Positiv-Denken-Kult und spontan weiterverbreitetes Doofsprech.

    Klar, zusammengefasst klingt die Story um Gutemine, die freiwillig das Dorf verlässt, wie das berühmte Asche-Füllmittel in Tierfutter: Nicht wohlschmeckend, aber irgendwie naheliegend. Aber schon früher (ich meinte das „1980-Früher“) wurde ja oft „nur“ rumgereist, bis man am Ende an einem bestimmten Ort für einen finalen Faustabtausch zusammenkam. Und ich glaube, dieses Gefühl hatte ich seit „Asterix im Morgenland“ nicht mehr. Und dieses Kompliment zählt doppelt, da der Gegenspieler bei genauerer Betrachtung zeichnerisch wie auch charakterlich ein Fürzchen im Wind ist.

    Der eigentliche Gegenspieler ist aber in einem guten Comic (meiner Meinung nach) nie eine feindliche Übermacht, sondern z.B. die Gefahr, irgendwo aufzufliegen, aufzufallen oder (ganz krass!) an minderwertige Wildschwein-Dealer zu geraten. Immerhin haben sich Asterix und Obelix schon als Unterschichtenrepräsentanten wie Sklaven, Gladiatoren oder römische Soldaten ausgeben müssen. Eben so eine Art Günter-Wallraff-Doku in der Antike.

    („Mein auffälliger Bart?! Äh… Nennt mich einfach Schnäuzelchen und redet nicht mehr darüber.“)

    Dadurch, dass Antagonist Visusversus noch recht harmlos daherkommt, nimmt man ihm seine Kalenderspruch-Kalauer sogar ab. Was auch schon wieder toll ist! Denn es muss ja nicht immer der zähnefletschende Comic-Verführer sein… Und manch dümmliche Weisheiten der Römer, mit denen sie ihre Niederlagen schönreden, wirkten so passend unpassend, dass man Visusversus bitten möchte, doch bitte mal ein Fußballspiel oder eine Debatte im Bundesliga zu kommentieren.

    Die kleine Nebenhandlung um einen deprimierten Majestix habe ich ebenfalls genossen. Zumal manche Bemerkungen („Das tuuut weeeh!“ – „Das ist die Leber!“) clevere Insider sind, die neuere Leser nicht verstehen werden. Und auch nicht müssen.

    Herrlich, wenn Fanservice nicht mit dem Hinkelstein eingeprügelt wird!

    , „Asterix“ – Band 40: „Die weiße Iris“ – Kritik

    Nein heißt Nein: Selbstbestimmtheit und Fremdgrummel spielen eine wichtige Rolle in diesem Abenteuer. Das ist zwar nicht immer superwitzig, regt aber zum Nachdenken und Blutspenden an.


    Fazit:

    Ich missbillige es stets, wenn mir erklärt wird, manche „schlechten“ Geschichten (Star Trek, Star Wars, Doctor Who) müssten halt so sein – weil man das heute halt so machen täte.

    Doch Asterix beweist, wie pipi-einfach es sein kann: Den geeignetsten Autoren aus vielen(?) Bewerbern aussuchen, auf seine Liebe zum Original vertrauen – und ab geht die wilde Lachsack-Luzi!

    Natürlich hat auch dieser Band kleinere Durchhänger, ein paar Längen, schwache Figuren und die üblichen Probleme mit den detailarmen Zeichnungen, aber: Was Fabrice Fabcaro da fabriziert, ist beeindruckend! Zumal mir dieser Band sogar besser gefällt als manche Werke wie „Der große Graben“ (1980) oder „Asterix und Maestria“ (1991), die schon arg verkrampft und verkopft rüberkamen.

    Wehe, der Mann darf’s nicht weitermachen.

    Dann sieht man nämlich das Weiße.

    Und zwar in meiner Iris.

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    Author: Paul Brooks

    Last Updated: 1702005603

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